Gedichte-der-Seele - Das schöne Böse
   
 
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Die Gedichte sind mein geistiger Eigentum. Verwendung bitte nur mit Nennung meines Namens.

Die folgende Geschichte habe ich gestern (23.3.2013) geschrieben, während der Earth Hour - beziehungsweise angefangen.
 Ich hoffe sie gefällt euch.


Ich stand vor einer großen Flügeltür. Dahinter hörte man Musik, Menschen lachten und redeten – ein Stimmengewirr, aus dem man niemanden hätte ausmachen können. Beinahe andächtig stand ich in dem Halbdunkel des Flurs, wohl wissend, dass mich gleich das flackernde Strahlen des Kronleuchters und unzähliger Kerzen empfangen würde. Ich genoss die Dunkelheit noch einen kurzen Augenblick, atmete einmal tief ein und nickte dann den Pagen viel sagend zu.Die beiden jungen Männer griffen nach den Türen und lehnten sich zurück, um das Gewicht in Bewegung setzen zu können. Kaum hatten sich die Türen ein kleines Stück bewegt, entstand ein schmaler Spalt, durch den ein heller Strahl gelb goldenen Lichtes direkt auf mich viel. Nur einen winzigen Augenblick später, war ich komplett in Licht gehüllt und die Lücke zwischen den Türen groß genug, um hindurch zu treten. Doch ich wartete darauf, dass man mein Auftreten bemerkte. Natürlich musste ich nicht lange warten, denn alle wussten, dass ich kommen würde und hatten sich deswegen hier versammelt.

Kaum hatten die ersten mich erblickt, ging die Nachricht um wie ein Lauffeuer: die Paare hörten auf zu tanzen, Gespräche wurden eingestellt, einige schienen wie erstarrt in ihren Bewegungen, nach kurzem verklang sogar die Musik – eine fallende Stecknadel wäre zu hören gewesen. Dies war der Moment den ich nutze, um mich in Bewegung zu setzen und den Saal zu betreten. Das Einzige, was zu hören war, war das klacken meiner Schuhe auf dem hölzernen Boden und ganz leise das rascheln meines Kleides. Mein Blick war geradeaus gerichtet, doch ich spürte die Augen der Männer, die gierig meinen Körper begafften und die hasserfüllten Blicke der Frauen, weil ihre Männer mich begehrten und ich ein Kleid trug, das nicht in diese prüde Zeit passte.

Das Kleid aus dunkelrotem Stoff war überzogen mit schwarzer Spitze – ich konnte es mir ja leisten – was dem ganzen irgendwie einen etwas düsteres verlieh. In das Oberteil, welches wie ein Korsett geschnitten war, hatte meine Zofe mich mühsam eingeschnürt, wodurch ich ein reizvolles Dekolletee und eine traumhafte Taille bekam. Der Rock, welcher direkt am Korsett befestigt war, zeigte mehr Haut, als eine Frau dieser Zeit je gewagt hätte zu zeigen. Vorne reichte der rote Stoff gerade einmal bis kurz über die Knie; hinten bildete er dafür eine beinahe Bodenlange Schleppe – lediglich die schwarze Spitze war komplett auf einer Länge, so dass meine bloßen Beine nicht gänzlich unverhüllt waren. Mein Hüftlanges, glattes Haar trug ich – gegen jede Regel aus gutem Hause verstoßend – offen und es war das einzige, was meine bloßen Schultern und Arme immerhin teilweise verdeckte.

Ich ging bewusst langsam, um jedem im Saal die Gelegenheit zu geben, meinen Anblick in sich aufzusaugen – keiner von ihnen würde meine Burg je wieder betreten dürfen und somit erneut die Gelegenheit erhalten, einen Blick auf mich zu werfen.

Als ich den Saal komplett durchquert hatte, setzte ich mich auf meinen, mit rotem Samt überzogenen Stuhl. Ich blickte zu dem Mann, welcher links von mir stand, lächelte ihm verschwörerisch zu und nickte. Er neigte leicht den Kopf um zu bestätigen, dass er verstanden hatte, wandte sich möglichst geräuschlos ab und verschwand durch eine kleine Seitentür. Auch jetzt waren noch alle Blicke auf mich gerichtet, auch die der Musiker – ich gab ihnen ein Handzeichen, sie drehten sich um und die Musik begann wieder zu spielen. Meine Gäste interessierten es nicht, bis ich in befehlerischem Ton verkündete: „Tanzt!“ Schnell fanden sich die Paare wieder zusammen und sie begannen zu tanzen.

Nach fünfzehn Minuten kam der Mann zurück, den ich weg geschickt hatte – der nächste große Moment des heutigen Abends stand kurz bevor. Ich lehnte mich zurück und rief: „Ruhe!“ Augenblicklich verstummte die Musik, die Paare trennten sich wieder und die Blicke kehrten zu mir zurück.

Aus der Seitentür traten 10 junge Männer, einer attraktiver als der andere – und alle waren sie gekommen, um von mir ausgewählt zu werden. Ich genoss dieses Schauspiel jedes mal aufs Neue, wenn ich in die Gesichter der Männer blicken konnte und sich in ihren Augen nicht nur Begierde, freudige Erwartung und Lust widerspiegelte, sondern im selben Maße auch Angst, Entsetzen und der Wille zu fliehen.

Jedes halbe Jahr ließ ich nach 10 jungen Männern schicken, die bereit wären, mein Geliebter zu werden und auch wenn sie wussten, dass ihr letztes Stündlein; nach 6 Monaten als mein Geliebter; geschlagen hatte war die Anzahl an Bewerbern niemals knapp. Wie jedes mal sag ich allen zehn Bewerbern tief in die Augen, um ihre finstersten Geheimnisse zu erfahren. Dieses mal war nichts all zu aufregendes dabei, also wählte ich den durchtrainiertesten jungen Mann aus. Mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand deutete ich auf den jungen Mann, mit ungefähr Schulterlangen, rotbraunen Haaren, welche zu einem Zopf nach hinten gebunden waren, und Schultern so breit, als könne er einen Ochsen-Karren ziehen.

Die andere neun wurden aus der selben Tür hinausgeführt, durch die sie den Saal betreten hatten – wie jedes mal konnte ich auf ihren Gesichtern sowohl Enttäuschung, als auch Erleichterung erkennen. Der zehnte setzte sich auf den kleinen, goldenen Hocker zu meiner rechten. „Name“, verlangte ich barsch – dies war der Augenblick, in dem er sein altes Leben aufgeben musste und nur noch als mein Geliebter und Leibeigener existierte.

(von Lea Genzel)

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